Nanga Parbat-Expedition 1970

 

Betrachtungen

Reinhold Messner benützte den 50. Todestag seines Bruders Günther, um dessen Tod am Naga Parbat im Jahr 1970 zu rechtfertigen. – Wieder einmal.

 

In einem 14-minütigen Interview, das am 29. Juni 2020 im ORF2 um 18:30 Uhr über Konkret-Magazin „Südtirol heute“ ausgestrahlt wurde, bezichtigte Reinhold Messner den damaligen Expeditionsleiter Dr. Karl-Maria Herrligkoffer sowie alle anderen Expeditionsteilnehmer aggressiv der Lüge, was den Ablauf der Expedition betraf.

 

Niemals hätte Messner damals den Gipfel des 8125 Meter hohen Nanga Parbat über die Rupalflanke erreicht, wenn nicht alle Beteiligten dieser Expedition ihr Letztes, so wohl in finanzieller als auch beim Aufbau der Hochlager, gegeben hätten.

Man kann Messners Unwahrheiten nicht unwidersprochen hinnehmen.

 

Was passierte nun damals? Vermutlich machte Reinhold Messner in der schlaflosen Nacht vom 26. auf den 27. Juni im Lager V in 7300 Metern Höhe ein Wandel durch. Er sah wohl die Chance gekommen, es seinem großen Vorbild Hermann Buhl gleichzutun.

 

Buhl war bekanntlich am Nanga Parbat 1952 im Alleingang und ohne zusätzlichen Sauerstoff in der Nacht gegen 02:30 Uhr zum Gipfel aufgebrochen. Er erreichte diesen schließlich mit letzter Kraft nach Einnahme von Pervitin gegen 19 Uhr.

 

– Apropos Pervitin (Dopingmittel): Hermann Buhl brauchte 1953 bei seiner Nanga Parbat-Erstbesteigung 2 Pervitin-Tabletten für den Aufstieg, und 3 Stück für den Abstieg, um dieses Abenteuer überhaupt zu überleben. Nur einige wenige der Bergsteiger waren so ehrlich, die Einnahme von Pervitin kundzutun.

 

Für Reinhold Messner waren die Voraussetzungen günstig, sein Ziel zu erreichen, auch die Medikamente dazu hatte er vom Expeditionsleiter erhalten. In Übereinstimmung mit Hermann Buhls Alleingang am Nanga Parbat verließ auch Reinhold Messner das Sturmlager allein um 3 Uhr früh.

 

Was Reinhold Messners Darstellung der darauffolgenden Ereignisse betraf, waren die Zeitzeugen jedenfalls übereinstimmend anderer Meinung. Einer von ihnen ist Gerhard Baur, der mit den Messner-Brüdern vom 26. auf den 27. Juni im Lager V auf  7300 Metern die Nacht verbrachte.

Um 3 Uhr brach Reinhold Messner ohne jegliche Vereinbarung allein und ohne Rucksack auf.

Um 4 Uhr machten sich Gerhard Baur und Günther Messner auf den Weg, um wie geplant die Merkl-Rinne zu versichern. Dabei schmiss  Günther Messner schließlich das Seil hin und folgte seinem Bruder Reinhold ohne seine Ausrüstung nach.

Gerhard Baur stieg dann zurück, weil sich sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte. Am selben Tag kamen Felix Kuen und Peter Scholz im Lager V an.  Am 28. Juni wagten die Beiden den Aufstieg. Sie konnten um 10 Uhr sogar eine Rufverbindung zu Reinhold herstellen und fragten nach, ob alles in Ordnung sei. Dies wurde von Messner bejaht.

Von den beiden Messner-Brüdern sah und hörten die anderen Teilnehmer jedenfalls nach den Rufkontakten nichts mehr.

Felix Kuen erreichte dann schließlich auch den Gipfel, indem er Pervitin eingenommen hatte.

Hilfreich für die Wahrheitsfindung dürfte das Buch „Felix Kuen, auf den Gipfeln der Welt“ sein, darin sind auf den Seiten 143 bis 178 detailliert und sehr aufschlussreich die Abläufe der Nanga Parbat-Expedition beschrieben (siehe Auszüge unten).

Unter anderem liegt auch ein Spiegel-Online-Interview mit Gerhard Baur vor, das Messners Unwahrheiten aufzeigt. Link: https://www.spiegel.de/kultur/kino/bergsteiger-drama-nanga-parbat-das-ist-nicht-die-wahrheit-a-672209.html

 

Das eigentliche Problem von Reinhold Messner ist, dass er seinen Bruder bei Dr. Herrligkoffer als Ersatz angemeldet hat.  Günther Messner verfügte jedoch mit seinen 24 Jahren noch nicht über die Reife für solch ein Unternehmen.

Eines ist klar, Reinhold Messner hat die Verantwortung seinem jüngeren Bruder gegenüber vernachlässigt, weil er allein um 3 Uhr früh zum Gipfel aufgebrochen war.

 

– Zu hinterfragen wäre überdies auch der Tod von Franz Jäger und Andi Schlick, die 1972 am Manaslu im Sturmlager IV in 7400 Meter ums Leben kamen, während Reinhold Messner den Gipfel 8156 Meter bestieg. – 

 

Zur Wahrheitsfindung dient auch mein Buch "Helmut Wagner: Berge. Mein Leben" , das im Kapitel „Betrachtungen“ u.a. auch die Mount Everest-Expedition von 1978 laut Messners Version in Frage stellt.

Hier noch einige aufschlussreiche Seiten

 aus dem Expeditionstagebuch von Felix Kuen zum Nachlesen:

 

 

 

 

In: „Felix Kuen, auf den Gipfeln der Welt“

 Erstveröffentlichung: 1972